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Chronique

Liebe Madame Edwarda

Edwarda : Revue érotique et esthétiqueIn die lange und mittlerweile altehrwürdige Reihe der Erotica „Made in France“ gehört auch die seit 2010 drei Mal jährlich erscheinende Pariser Zeitschrift Edwarda. Der Name des Magazins ist eine Reverenz an niemand geringeren als Georges Bataille und dessen Erzählung „Madame Edwarda“. Die Macher der Zeitschrift stellen ihr Projekt also bewusst in eine literarische wie intellektuelle Linie, gehen doch in Batailles Werk Philosophie und Erotik eine besonders spannungsgeladene Mischung ein. Erotik erscheint in seinem Werk weniger als eine Quelle von Genuss und Freude, denn als eine irritierende Sinnlosigkeit, als ein großes Fragezeichen ohne Antwort. Die erotische Erfahrung ermöglicht dem Menschen das vollständige Aufgehen im Hier und Jetzt, wenn auch unter der Gefahr des Selbstverlusts. Gegen den trüben Alltag von Sinn und Nutzen stellt er das triumphierende, blitz-artige Verschwinden im „kleinen Tod“ der erotischen Ekstase. Batailles „Madame Edwarda“ nimmt z.B. den Körper einer Pariser Hure als Folie für die Obszönität Gottes – Bataille schreckte vor der Verbindung von Pornographie und Theologie nicht zurück. Wenn eine Zeitschrift sich einen solchen, nicht gerade simplen Gedankenansatz quasi auf ihre Fahnen schreibt, darf man mit Recht gespannt sein.

Edwarda versteht sich dabei als Kreuzungspunkt zwischen Photographie und Literatur. Beim Durchblättern wird der Betrachter feststellen, dass sich Bild und Text quantitativ ungefähr die Waage halten. Jede Ausgabe umkreist und durchleuchtet ein bestimmtes, allgemein gehaltenes Überthema (beispielsweise „Fatalement“ oder „Précision“ für die beiden zuletzt erschienenen Ausgaben).

Die Photographien kreisen fast ausschließlich um den weiblichen Körper. Doch unterscheidet sich die Inszenierung bei näherem Hinsehen deutlich von den üblichen Machwerken einschlägiger Printmedien. Sam Guelimi etwa versteht es, die Modelle gleichzeitig respektvoll und chic in Szene zu setzen. Frei nach Bataille wird der Frauenkörper in diesen Inszenierungen vor allem als ein anziehendes, aber gefährlich wirkendes Geheimnis präsentiert, wobei Entschleierung das Geheimnis nur noch mehr zu verstärken scheint. Erotik als schönes, ernstes Spiel am Rande zur Morbidität, fernab vom Mainstream-Hedonismus. Allein die an die Models gerichteten Fragebögen erinnern an die entsprechende Rubrik vieler Herrenmagazine.

Photographie und Text hängen meist nur durch das für jede Ausgabe spezifische Überthema zusammen. Der Textteil wird dabei fast gänzlich von zeitgenössischen Autoren bestritten. Geboten werden etwa, um nur einige bekanntere Namen zu nennen, Schriftsteller wie Phillippe Sollers oder Yannick Haenel. Jeder Ausgabe sind darüber hinaus aber auch einige Zitate oder Ausschnitte von älteren, klassischen Autoren beigegeben. Die Bandbreite der Beiträge oszilliert zwischen erotischen Miniaturen, Erzählungen oder Phantasien bis hin zu eher essayistisch oder gar (auto-)biographisch gestimmten Betrachtungen. Entweder wird erotisches Fühlen, Erleben oder Phantasieren literarisch bzw. poetisch umspielt Erotik erscheint dann vor allem als ein rein literarisches Sujet und Spiel, das exakt und elegant behandelt wird, oder aber es wird versucht, den existenziellen Aspekt der menschlichen Erotik herauszuarbeiten. Batailles Konzeption von Erotik, in der Ekstase, Schrecken und Tod aufs engste zusammengehören, ist eine wichtige, aber auch nur eine mögliche Inspirationsquelle.

Die Edwarda des 21. Jahrhunderts ist stärker dem savoir aimer als dem Bataille’schen Exzess verpflichtet, alles in allem eher raffiniert als radikal. Leidenschaften, Begehren und Lüste sind zwar auch hier der Ausgangspunkt für die Frage, wie es dem Menschen möglich sei, über seine Sinnlichkeit zu einer Wahrheit zu gelangen, die nicht bedingt ist vom alltäglichen Diskurs der Gesellschaft und vor allem der Medien. Erotik und Intellekt werden hierbei untrennbar miteinander verquickt, wobei erstere eine Art Dynamit zu sein scheint: verlockend und gefährlich zugleich. Die bataille’schen Gedankengänge erscheinen bei Edwarda jedoch mehr als eine besondere Zugabe für das erotische Spiel, eben als Stimulans für Phantasie und Intellekt. Nicht wenige Beiträge nähern sich in ihrer Art eher den Erotica eines Louÿs, Apollinaire oder auch Mandiargues an. Es ist dieser Ansatz, der die Zeitschrift ausmacht: die verschiedensten Ansätze erotischen Schreibens zuzulassen.

Freunde der Aktphotographie und der erotischen Literatur werden an dieser Zeitschrift ihre Freude haben, verbirgt sich doch so manches Kleinod zwischen ihren Seiten. Und selbst wer die Photographien zu stark vom ätherischen chic parisien befallen findet, kann sich auf die Qualität der Texte verlassen. Gerade in deutschsprachigen Gefilden, wo seit der Josefine Mutzenbacher in diesem Genre eher wenig vorgefallen ist, wirkt der stark intellektualisierte Ansatz Edwardas umso interessanter, verfällt er erfreulicherweise nicht in verkrampften Akademismus. Bemerkenswert ist nämlich die stilistische Souveränität und Leichtigkeit, mit der Erotik hier als Thema abgehandelt wird, ohne in Pathos, Süßlichkeit oder gar Vulgarität abzugleiten.

Offen bleiben muss allerdings die nicht uninteressante Frage, die sich vielleicht bei einigen einstellen wird: Ob Bataille persönlich sich wohl in die Liste der Abonnenten eingetragen hätte...?

Viktor Landenberger

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Au détour vrai des pages...

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Requiem allemand de Werner Lambersy, 2015.

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